Wenn Freundschaft weh tut
Wenn Freundschaft weh tut. Können Schmerzen, die geliebte Menschen uns zufügen unsere Lehrer sein? Können sie uns helfen, zerbrochen und wunderschön zu werden? Aus aktuellem Anlass stelle ich mir diese Frage neu.
Als ich 2017 mein Studium abschloss, begann ein vollkommen neuer Abschnitt meines Lebens: Ich startete in die Arbeitswelt und wurde ein gutes Jahr später zum ersten Mal Mama. Und diese beiden Ereignisse katapultierten mich in eine ungewohnte Situation. In meinen Studienjahren war ich regelmäßig von den verschiedensten Menschen umgeben. In meinen Kursen und Seminaren war ich von Gleichgesinnten umgeben, ich wohnte in einer Kleinstadt, das bedeutet die Wege zu meinen Freunden waren kurz und wenn wir wollten verbrachten wir die halbe Nacht zusammen. Und dann war von einem Tag auf den anderen alles anders. Ich zog zurück in die Großstadt Berlin und begann an einer Musikschule zu arbeiten, an der ich notgedrungen statt mit Kollegen im gleichen Alter mit Schülern im Grundschulalter arbeitete. Schon nach wenigen Wochen vermisste ich den Austausch und die Gespräche auf Augenhöhe, die Möglichkeit mein Leben zu teilen. Als ich dann ein Jahr später Vollzeitmami wurde, verschärfte sich die Situation noch zusätzlich, weil ich nun nicht mal mehr meine Schüler als Gegenüber hatte, sondern einen supersüßen Säugling mit dem Gespräche auf Augenhöhe unmöglich waren.
Irgendwie genoss ich als Introvertierte die Zeit alleine eine ganze Weile in vollen Zügen: Ich betete, las in der Bibel, begann eigene Projekte zu starten, aber irgendwann wurde es dem Beziehungsmenschen in mir zu still und eintönig. Als Lösung meiner Einsamkeit, entschloss ich mich, neu in die Beziehungen in der Gemeinde zu investieren.
Je mehr ich selber in der Bibel las, desto mehr wuchs auch die Sehnsucht in mir, enge und verlässliche Beziehungen zu führen.
Tatsächlich war es eines Tages so weit und zwei andere Mamas und ich taten uns zusammen, um uns ein Mal in der Woche zu auszutauschen, miteinander zu beten und in der Bibel zu lesen.
Die beiden forderten mich immer wieder heraus, an meinem eigenen Glauben zu arbeiten und ihn zu hinterfragen.
Spannungen blieben bei uns teilweise gegensätzlichen Charakteren natürlich nicht aus, aber wir kämpften uns gemeinsam durch. Und dann sollte das erste unserer Kinder in die Kita eingewöhnt werden und die dazugehörige Mama wollte wieder zu arbeiten beginnen. Mehr oder weniger von einer Woche auf die andere wurde unser Vormittags-Termin unbrauchbar. Ohne wirklich darüber zu sprechen, setzten die beiden Freundinnen ihre Prioritäten anders, sodass auch ein Nachmittags-Treff unmachbar war. Eine Weiterführung unserer Gemeinschaft wurde unmöglich.
Zwei Dinge verletzten mich an diesem Ende besonders:
- Die beiden wollten bzw. konnten keine verbindlichen Beziehungen im Rahmen unseres Treffens leben.
- Ich erfuhr von diesem endgültigen Aus von einer dritten Freundin.
Wie kann ich mit diesen Verletzungen umgehen?
Für mich war von Anfang an klar, dass ich mich auf die beiden Mädels nicht verlassen konnte, wenn ich dauerhafte geistliche Gemeinschaft suchte. Die beiden hatten immer wieder Dinge in der Gemeinde begonnen und sie dann mit für sie schlüssigen Begründungen immer wieder aufgegeben. Die Art und Weise wie sie ihr Leben führten, hatte mir klar gemacht, dass die biblische Gemeinschaft, die ich mir wünschte, mit diesen Frauen nicht auf Dauer zu leben war. Um mit diesen Verletzungen umzugehen, muss ich nun einige Schritte gehen:
1. Meine Erwartungen korrigieren
Ich muss mich dem stellen, dass ich mich darin getäuscht habe, wie diese beiden Mädels über unsere Freundschaft und unsere geistliche Gemeinschaft denken. Sie geben ihr nicht die gleiche Priorität, die ich unserer Gruppe zugemessen habe. Außerdem muss ich für mich anerkennen, dass die beiden nicht zuverlässiger in ihren Beziehungen werden, auch wenn ich es bin.
2. Jesus meine Enttäuschung eingestehen
Ich möchte über mein angeknackstes Herz mit Jesus ins Gespräch kommen und vor ihm klagen. In seine Hände kann ich diese Schmerzen loslassen und auch vor mir selber eingestehen, dass ich enttäuscht bin.
3. Mich an die Freundinnen erinnern, die anders sind
Ich bin Gott so dankbar, dass ich in den letzten Jahren – genau genommen seit dem Kleinkindalter – wunderbare Freundschaften zu tollen, gottesfürchtigen Frauen aufbauen durfte, die in mir und meiner Freundschaft großen Wert sehen und sich über jede Begegnung und jedes liebe Wort freuen. Auch wenn sie nicht in der gleichen Gemeinde sind, kann und möchte ich sie besonders ehren und in unsere gemeinsame Zeit investieren.
4. Selber eine gute Freundin werden
Durch meine Erfahrungen mit dem Mama-Kreis habe ich die Möglichkeit neu über meine Art Freundschaften zu leben nachzudenken und selber zu der Freundin zu werden, die ich mir wünschen würde. Ich kann selber treu und zuverlässig sein und meine Prioritäten anders setzen.
5. Neue Gemeinschaft suchen
Wenn ich mich einsam fühle, ist es meine Aufgabe nach anderen Frauen zu suchen, die sich ebenfalls nach geistlicher Gemeinschaft sehnen und eine ganz eigene neue Gruppe zu bilden, die Gemeinschaft lebt und sich öffnet.
Ich hoffe, der ein oder andere Tipp, hilft auch dir weiter. Wenn ja, lass es mich gerne in den Kommentaren wissen.
Deine Esther