Verantwortung – Ja, bitte!
Alle reden darüber und doch möchte sie niemand haben: Verantwortung. Warum Verantwortung ein Vorrecht ist, das wir bewusst ergreifen sollten.
Mein Mann und ich sitzen nebeneinander auf dem Sofa und diskutieren wie so oft in den letzten Tagen über Politik. Wir sind Brandenburger. Und damit gehören wir zu einem der Bundesländer, in denen die AfD bei der Europawahl große Erfolge erzielt hat. Für uns ist das Grund genug, uns mit dieser Partei auseinanderzusetzen. Dabei fällt uns auf: Immer wieder spricht der Parteivorsitzende Höcke von der Verantwortungslosigkeit der etablierten Parteien. Ich beginne nachzudenken …
Ja, auch ich wünsche mir Menschen, die Verantwortung für dieses Land übernehmen. Auch ich wünsche mir Politiker, die zuhören und Antworten anbieten. Aber um Verantwortung zu übernehmen braucht jemand Charakter. Und dieser Charakter muss sich erst entwickeln und bewähren. Nicht umsonst heißt es in der Bibel:
Nur wer im Kleinen treu ist, wird es auch im Großen sein. Wenn ihr bei kleinen Dingen unzuverlässig seid, werdet ihr es auch bei großen sein.
(Lukas 16,19, Hfa)
Wir sind es oft nicht mehr gewohnt, im Kleinen treu zu sein. Wir überlassen Verantwortung anderen.
Was sind diese kleinen Dinge, in denen wir Verantwortung tragen sollen? Der ursprüngliche Auftrag für die Menschheit war:
Er segnete sie und sprach: »Vermehrt euch, bevölkert die Erde und nehmt sie in Besitz! Ihr sollt Macht haben über alle Tiere: über die Fische, die Vögel und alle anderen Tiere auf der Erde!«
(1. Mose 1, 28, Hfa)
Verantwortung ist nicht nur eine Aufgabe. Sie ist eine Berufung.
Unsere Aufgabe als Menschen ist, Verantwortung für diese Erde zu übernehmen, uns um sie zu kümmern. Neben der Verantwortung für uns selbst, unseren Körper, unsere Familie und unsere Mitmenschen beinhaltet dieser Auftrag auch die Tiere, die Natur und alles, was mit der Schöpfung zu tun hat. Wir sind für die Verantwortung geschaffen! Sie ist unsere erste und wichtigste Aufgabe. Unser Vorrecht als Menschen.
Übernehmen wir Verantwortung für uns selbst? Für unsere Taten und Worte? Die Wenigsten von uns können das von sich behaupten. Schon kleine Kinder versuchen, ihre Schuld auf andere Menschen abzuwälzen. Wer kennt nicht den kleinen Jungen, der eine Scheibe einwirft und behauptet, es sei der Hund gewesen? Später entziehen wir unserem Körper den dringend benötigten Schlaf oder trinken einen über den Durst. Im Internet werden andere Menschen im Anonymen mit Worten verletzt.
Übernehmen wir Verantwortung für unsere Familie? Nur wenige Menschen sind bereit, sich an einen Partner zu binden und damit Verantwortung für das Wohlergehen eines anderen Menschen zu übernehmen. Stattdessen entstehen ungeplante Kinder, die dann abgetrieben werden. Sie zu behalten würde bedeuten, sich in seiner Freiheit einschränken zu lassen. Nur wenige Menschen nehmen ihre alternden Eltern in ihr Leben mit hinein und sind bereit, sich auf sie einzustellen und sie zu unterstützen.
Übernehmen wir Verantwortung für unsere Umwelt? Nicht wirklich. Viele Tiere werden einfach ausgesetzt oder getötet, wenn sie nicht mehr das kuschelige Heimtier repräsentieren. Wie viele Tiere müssen leiden und sterben, weil wir nicht bereit sind auf das billige Steak zu verzichten. Unsere Grünflächen verkommen unter dem Müll, den wir achtlos fortgeworfen haben.
Uns fehlen Vorbilder. Die einzige Lösung ist: Wir müssen selber zu Vorbildern werden.
Ich selber bin in vielen Bereichen meines Lebens noch kein solches Vorbild, aber ich arbeite täglich daran. Wenn Verantwortung im Kleinen anfängt, bedeutet das für mich, mich selbst und meine Worte und Taten zu hinterfragen. Wo habe ich andere Menschen (unbewusst) verletzt? Wie kann ich mich entschuldigen und Beziehungen wieder heilen lassen? Zur Zeit lerne ich es, Verantwortung für meinen kranken Hasen zu tragen. Das fällt mir schwer. Es gibt Augenblicke, in denen ich heulend auf dem Sofa sitze und mich frage, warum das alles. Ich übernehme Verantwortung, wenn mein Mann erkältet im Bett liegt und ich ihm die notwendigen Medikamente besorge. Ich übernehme Verantwortung, wenn ich das Geschirr in der Küche abwasche und wenn ich dem Drang widerstehe, unrechtmäßige Vorteile für mich herauszuschlagen. Für wen ich das tue? Für Jesus. Ich möchte ihn mit allem verherrlichen, was ich tue. Seit einigen Monaten hat er mir eine kleine Person an die Seite gestellt, die mich täglich und stündlich an meine Verantwortung erinnert: Meine kleine Tochter. Sie hilft mir, von mir selbst wegzusehen und selber zum Vorbild zu werden. Und eines Tages kann ich vielleicht auch größere Aufgaben übernehmen.
Verantwortung beginnt bei mir.
Verantwortung für ein Leben, eine Familie, eine Gemeinde oder ein Land wachsen aus einem Leben, das sich seinen Herausforderungen stellt und Schritt für Schritt in diese Aufgabe hineinwachsen darf. Was ist erfüllender als eine Partnerschaft, in der man sich aufeinander verlassen kann? Was bereichert unser Leben mehr als das Wissen, sein Bestes zu geben? Was gibt meinem Leben mehr Sinn als meine kleine Tochter aufzuziehen? Wann ist man glücklicher als wenn man neue Aufgaben übernehmen darf, weil man in seinen kleinen Verantwortungsbereichen treu war?!