Alltag Leben als Frau zur Ehre Gottes

Wunderschön zerbrochen

Nachdem ich das erste Buch von Ann Voskamp „Tausend Geschenke“ verschlungen hatte, begann ich das nachfolgende Buch „Durch meine Risse scheint dein Licht“ zu lesen. Für mich war das in mehr als einer Hinsicht herausfordernd. Wieder einmal hatte ich das Gefühl, ein anderer Mensch fasst meine eigenen Gefühle und Gedanken schonungslos in Worte.

 

Gnadengeschenke im eigenen Leben zu erkennen, ist nur der erste Schritt zu einem erfüllten Leben. Der zweite ist viel schwerer: Mit Zerbrochenheit und Leid umgehen lernen.

 

Jeder Mensch erlebt Momente des größten Leids – Verlust, Schmerz, Enttäuschung. Und in diesen Momenten zerbricht das eigene Herz, Wunden entstehen. Wunden, die manchmal niemand sehen und berühren darf.

Jesus selbst hat diese Wunden gekannt. Er erlebte den Verrat seiner engsten Freunde, die Ablehnung der eigenen Geschöpfe, die Trennung von seinem Vater und den Vorwurf, seine Macht von seinem größten Feind erhalten zu haben. Er hat das alles auf sich genommen, um uns Menschen in die Gemeinschaft mit Gott zurückzuführen.

 

Jesus ließ sich brechen – sein Herz und seinen Körper – um uns nahe sein zu können, um uns Gemeinschaft zu schenken.

 

Wir als Christen sind dazu berufen, Jesus nachzufolgen – auch in seinem Leid. Kann es sein, dass unser Zerbruch, unsere Wunden, die Voraussetzung für echte Gemeinschaft sind? Kann es sein, dass wir durch unser Leid erst ein Geschenk für unsere Mitmenschen werden können? Dass wir Gottes Gnade und seine Liebe erst spüren und erleben können, wenn wir unsere Zerbrochenheit annehmen? Und wie kann das gelingen?

 

Und noch einmal: Das Abendmahl

In meinem Post „Ich will leben!“ habe ich die Bedeutung des Dankens (Eucharisteo) genauer erklärt: „Jesus sieht das Brot. Er weiß um das Geschenk, das in seinem Leid liegen wird und nimmt es dankbar an. Seinen Dank drückt er durch ein Gebet aus und die unaussprechliche Freude der Rettung wird für uns dadurch möglich.“

Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es den Jüngern und sagte: Nehmt und esst; das ist mein Leib.

Matthäus 26,26 (EÜ)

Nachdem Jesus sein Leiden als Gnadengabe angenommen hat und dafür gedankt hat, geschieht das eigentliche Wunder: Jesus bricht das Brot und teilt es aus. Jesus bricht sich selbst, teilt sein Leid und Gemeinschaft entsteht.

Das größte Wunder ist, sich selbst hinzugeben. Nur so entsteht Gemeinschaft und Leben in Fülle wird möglich.

Um sein Leid anzunehmen und für andere Menschen ein Geschenk zu werden, muss man mehrere Schritte gehen:

 

1 – Die eigene Zerbrochenheit annehmen

Jeder Mensch kennt Schmerzen, die sehr tief sitzen und es macht uns Angst, uns diesem Schmerz zu stellen. Aber, wenn wir uns dem nicht stellen, wird der Schmerz immer mehr Macht in unserem Leben entfalten und uns kontrollieren können. Wir verschließen uns und bauen Mauern, um uns zu schützen. Diese Mauern werden jedoch oft zu selbst gewählten Gefängnissen.

 

Man muss seine Schmerzen wahrnehmen, damit man nicht abstumpft und annehmen, damit man frei werden kann.

 

2 – In die Gemeinschaft mit Jesus eintauchen

Jesus hat als Mensch auf dieser Erde gelebt. Er kennt alle unsere Schmerzen, alles Leid.

 

Und er hat sich ganz hingegeben, alles was er hat und ist – für dich und für mich.

 

Seine Liebe ist so tief, dass er mich und dich ausgewählt hat, um Gemeinschaft mit ihm zu haben. Ja, er wählt uns als seine Braut, obwohl er unsere Fehler genau kennt.

Im 1. Jahrhundert nach Christus gab es im Judentum den Brauch, dass ein Bräutigam seiner Braut einen Becher mit Wein reichte und erklärte: „Dieser Becher ist ein neuer Bund mit meinem Blut, zu dem ich dich einlade.“

 

Jesus lädt uns in den Ehebund mit ihm ein. Wenn wir zustimmen, wird alles, was ihm gehört, dadurch unser Besitz: Seine Reinheit und Gerechtigkeit. Unser Erbe nimmt Jesus auf sich – unsere Schuld, unser Versagen.

 

Nur, wenn ich ich diese Liebe von Jesus annehme und in enger Gemeinschaft mit ihm lebe, erreiche ich die notwendige Sicherheit, um mich für andere Menschen wirklich einsetzen und mich ihnen öffnen zu können.

 

Jesus gab alles für mich. Gebe ich ihm im Gegenzug auch alles?

 

3 – Seine Zeit sinnvoll nutzen

Jeder Mensch hat eine bestimmte Lebenszeit von Gott geschenkt bekommen. Wir können sie nicht verlängern, aber wir können uns entscheiden, wie wir sie nutzen.

 

Wenn heute mein letzter Tag wäre, was würde ich tun? Was wäre bedeutungsvoll?

 

Es ist wichtig, sich immer wieder diese Frage zu stellen, damit man im Hier und Jetzt seine Lebenszeit gut nutzt. Warte nicht auf morgen, beginne heute. Was zählt vor Gott? Die Beziehung zu ihm, die Liebe, mit der ich mein Leben lebe und die Gemeinschaft, die ich anderen Menschen schenke.

Unsere größte Aufgabe ist es, Jesus mit anderen Menschen zu teilen. Ihnen seine Gnade zu zeigen. Seine Gegenwart erfahrbar werden zu lassen.

 

4 – Sich lieben lassen

Es fällt uns oft viel schwerer, uns lieben zu lassen als zu lieben. Sich lieben zu lassen bedeutet, die eigene Verletzlichkeit einem anderen Menschen anzuvertrauen. Es bedeutet, die eigene Unabhängigkeit aufzugeben und jemand anderen seine Bedürftigkeit füllen zu lassen.

 

Unsere größte Angst besteht darin, nicht genug zu sein.

 

Jesus selbst kennt unsere Schuld und unser Versagen sehr gut und trotzdem verdammt er uns nicht. Stattdessen vergibt er. Um mich lieben zu lassen, muss ich bereit sein, die Gnade, die Jesus mir durch einen anderen Menschen praktisch schenkt, anzunehmen.

 

Wenn ich einem anderen Menschen erlaube, mich zu lieben, schenke ich ihm damit die Möglichkeit, mir zu dienen.

 

Sich lieben lassen bedeutet, Kontrolle abzugeben. Sich von Gott lieben zu lassen bedeutet, das Leid nicht zu vermeiden, weil ich weiß, dass er die Kontrolle behält.

 

5 – Liebe leben oder Aufmerksamkeit schenken

Anderen Menschen bedeutet es am meisten, wenn ich etwas mit ihnen teile. Um zu teilen muss ich mir sicher sein, dass in Jesus genug für mich vorhanden ist und ich niemals leer ausgehen werde. Ich als Mensch bin durch Jesus genug, seine Liebe ist genug, seine Treue ist genug.

 

Unsere Seele braucht nicht nur einfache Kommunikation. Sie braucht Gemeinschaft. Und Gemeinschaft entsteht, wenn ich mich verletzlich mache.

 

Viele Menschen haben große Ideen und Träume und verpassen dabei, dass Gott sie bewusst an den Ort gestellt hat, an dem sie sich gerade befinden. Wir sollen dort, wo wir heute sind, einen Unterschied machen. Wir sollen die Menschen lieben, die Gott uns heute ins Leben gestellt hat. Verschiebe dein Leben nicht auf Morgen.

 

6 – Leidenschaft entwickeln

Wie oft empfinden wir unser Leben als bedeutungslos und sinnleer? Das ändert sich nur, wenn wir Sinn und Zugehörigkeit erleben.

 

Sinn erleben wir dann, wenn wir uns in andere Menschen investieren.

 

Das Wort „Leidenschaft“ enthält den Bestandteil „Leiden“. Liebe und Hingabe sind immer mit Schmerz verbunden. Nichts, was sich im Leben lohnt, ist risikolos und schmerzfrei. Um andere Menschen leidenschaftlich zu lieben, muss ich bereit sein, verletzt zu werden und diese Verletzungen anzunehmen.

 

Wenn jemand mich verletzt, ist der beste Zeitpunkt, um Gemeinschaft und Liebe zu leben.

 

Die größte Liebe zeigen wir, wenn wir uns von anderen Menschen unterbrechen lassen und uns ihnen geben, obwohl es uns ungelegen ist. In guten Zeiten für andere da zu sein ist einfach. In schweren Zeiten die Not anderer mitzutragen ist Leidenschaft.

 

Statt mich zu rechtfertigen und verteidigen, sollte ich anderen Menschen zuhören.

 

Rechtfertigung und Verteidigung machen mich taub und blind für die Bedürfnisse des Anderen.

 

7 – Authentisch werden

Wir tragen alle Masken. Niemand darf unser wahres Gesicht sehen, unsere Verletzungen, unsere Fehler, unsere Schuld, unsere Schwäche. Unsere Masken trennen uns von anderen Menschen. Wir werden einsam.

 

Authentizität bedeutet, dass ich echt werde. Dass ich meine Masken vor anderen Menschen fallen lasse und ihnen meine Ängste, meine Scham, meine Schwächen zeige und vertraue, dass ich dennoch geliebt werde.

 

Wenn ich meine Masken fallen lasse, schaffe ich den Raum für echte Gemeinschaft und lade andere Menschen ein, ebenfalls echt zu sein.

Nur in Gottes Nähe erhalte ich meine Identität. Diese Identität ist die Voraussetzung, um meine Angst vor den Gedanken anderer über mich abzulegen.

 

8 – Mit Gefühlen umgehen lernen

Ich kenne das Gefühl versagt zu haben sehr gut. Ich kenne auch die Selbstanklagen und die Selbstverdammnis. Wie kann man es lernen, mit diesen Gefühlen umzugehen? Wie kann man frei werden?

 

Jeder Mensch versagt. Jeder Mensch ist ein Sünder. Das zu erkennen ist die Voraussetzung für Selbstannahme.

 

Wenn jeder Mensch ein Sünder ist, bin ich keine Ausnahme. Gott hat sein Werk in mir begonnen. Er verändert mich Schritt für Schritt in sein Bild und meine Aufgabe ist es, die Spannung zwischen meiner Unzulänglichkeit und dem noch nicht auszuhalten.

 

Jeder Mensch macht Fehler. Entscheidend ist, wie wir mit unseren Fehlern umgehen. Lernen wir daraus oder wiederholen wir sie?

 

Gefühle können uns Angst machen. Statt uns zu verurteilen, dass wir fühlen, sollten wir unsere Gefühle in erster Linie fühlen und sie annehmen. Wenn wir uns eingestehen, was wir wirklich denken und fühlen, können wir diese Gefühle an Gott abgeben und ihm die Kontrolle überlassen.

Ich muss meine Probleme nicht lösen. Es reicht, wenn ich sie als das annehme, was sie sind: Probleme und Gott zutraue, dass er sie lösen wird.

 

Gefühle und Gedanken können meine Identität als Geliebte Gottes niemals verändern. Meine eigenen Gedanken und Gefühle sagen nichts über meinen Wert und Gottes Sicht auf mich aus.

 

9 – Um Gott werben

Gott wirbt um mich und um dich. Er möchte mit uns einen Bund eingehen – eine Ehe. Wir dürfen seine Kinder sein. Aber zu einem Bund gehören immer zwei Seiten. Wie kann ich um Gott werben?

 

Ich werbe um Gott, wenn ich seine Liebe und Gnade an andere Menschen weitergebe.

 

Jesus traut mir zu, stellvertretend für ihn Menschen zu umarmen. Anderen seine Barmherzigkeit zu zeigen, indem ich barmherzig bin – auch wenn ich keine Lust dazu habe und jemand an mir schuldig geworden ist. Anderen zuzuhören, wenn sie ein offenes Ohr brauchen. Anderen zu helfen, wenn sie etwas alleine nicht schaffen.

 

10 – Zerbruch teilen

Manchmal haben wir weniger Angst davor, anderen unser Leid zu zeigen, weil wir daran zerbrechen könnten. Wir haben Angst davor, den anderen eine Last aufzubürden, die sie nicht tragen können.

 

Für andere ist es oft keine Last, wenn ich ihnen meine Zerbrochenheit zeige. Es ist vielmehr ein Geschenk. Ein Geschenk des Vertrauens und der Gemeinschaft.

 

Wenn ich anderen meine Zerbrochenheit zeige, zerbreche ich damit meinen eigenen Stolz, meine eigene Angst und meine eignen Lügen.

 

Mich selbst zu geben bedeutet mehr als meine Zeit, mein Geld und meine Hände zur Verfügung zu stellen. Es bedeutet, mich selbst zu geben.

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